Viele Städte des Ruhrgebietes müssen seit Jahren immer wieder starke Eingriffe erfahren, indem Gewerbe- und Industriegebiete, die früher einmal eine blühende Entwicklung vollzogen, im Laufe der Zeit jedoch ihre Prosperität und damit ihre Existenzberechtigung eingebüßt haben, zunächst stillgelegt und dann abgerissen werden. Die meisten Städte waren auf solche Entwicklungen kaum vorbereitet. Weder wurden rechtzeitig alternative Nutzungen diskutiert, noch hat man frühzeitig begonnen, die notwendigen Änderungsplanungen in die Wege zu leiten. Um ein solches Gebiet handelt es sich bei dem Thyssen-Klönne- und Ostbahnhofareal in Dortmund. Nach Betriebsaufgabe muss dieser zentrale Stadtbereich städtebaulich neu in der Gesamtstadt und zu den umliegenden Stadtteilen definiert werden.
Der Entwurf schlägt einen Stadtteil von hoher Dichte vor, in dem sich urbanes Leben entwickeln kann. Elemente der städtebaulichen Komposition sind im Wesentlichen eine regelmäßige Blockstruktur mit zusätzlich definierten Hochhausstandorten, eine monotaktische Reihung von Torhäusern sowie eine Sonderlösung am Übergang zu den vorhandenen Strukturen an der Hamburger Straße.
Die Torhäuser reihen sich entlang des neu anzulegenden überregionalen Radweges, der aus der alten Bahntrasse entwickelt wird; sie vermitteln gleichzeitig zwischen den verschiedenen Geländehöhen diesseits und jenseits des Bahndammes. Alternierend werden zwischen den Torhäusern einladende Treppenanlagen oder Aussichtspunkte angelegt.
An der Hamburger Straße wird die lückenhafte Straßenrandbebauung geschlossen und ein Platz gebildet, der als städtebauliche Dominate an der Kreuzung zur Klönnestraße eine Hochhausscheibe erhält, die auch von der Dortmunder Innenstadt – in der Flucht von Kampstraße und Brüderweg – einen städtebaulichen Bezugspunkt darstellt.
Die regelmäßige zusammenhängende dichte Struktur von in Nord-Süd-Richtung orientierten Bauflächen verschneidet sich an den das Gebiet begrenzenden Straßen mit dem Gebäudebestand und erzeugt so spannungsvolle städtebauliche Situationen, die aus der scheinbaren Regelmäßigkeit der Neuplanung ausbrechen. Quer zu den Blöcken verlaufende Gassen zonieren die Baufelder und weiten sich an zentralen Orten des Baugebietes zu urbanen Plätzen auf.
Während Torhäuser und Hochhäuser in ihren Kubaturen klar definiert sind, sind die Vorgaben für die Blöcke eher weich: Die Grundstücke sollen nicht einheitlich von einem oder wenigen Investoren bebaut werden, sondern wie in der historischen europäischen Stadt relativ kleinteilig parzelliert und einzeln vergeben werden, so daß einzelne Planer zu den jeweiligen Anforderungen ihrer Auftraggeber zugeschnittene individuelle Lösungen entwickeln können. Die städtebauliche Rahmenplanung bietet dafür die Voraussetzung, sie erlaubt die spätere architektonische Detaillierung sowohl in funktionaler wie auch in formaler Hinsicht. Allen Parzellen gemeinsam ist die Vorgabe, mit mindestens zwei Geschossen entlang der Baulinien die Straßenflucht zu schließen und damit den öffentlichen Raum zu definieren, außerdem eine vorgegebene Mindestgeschossflächenzahl, die insgesamt die erwünschte Dichte sicherstellt. Ab dem 2. Obergeschoss können die Baumassen nach individuellen Architektenentwürfen bis zu einer vorgegebenen Traufhöhe bei ca. sechs Geschossen plastisch durchgearbeitet werden.
Zentrales Thema ist die Definition der öffentlichen Räume, auf denen urbanes Leben stattfindet. Öffentlicher Raum ist als Bühne für die auftretenden Menschen nur möglich, wenn die sie bildende Baumasse genügend Menschen enthält, die die „Straße“ genannten „Resträume“ bevölkern. Insofern kann der Entwurf als Gestaltung der Ansammlung von Hohlräumen in einer ungegliederten Masse betrachtet werden, versus einer Ansammlung von ungegliederten Einzelmassen in einer weitgehend unberührten Leere, wie es die Moderne zeitweilig propagierte.
Stadt entsteht, wenn Privatheit mittels Fassaden unvermittelt auf öffentlichen Raum trifft. Außerdem entsteht Stadt, wenn auf engen Raum eine Nutzungsmischung aus Wohnen, Handel, öffentlichen Einrichtungen und nichtstörendem Gewerbe untergebracht wird.
Das Konzept der späteren Spezifizierung durch unterschiedlichste Planer findet seinen Ausdruck auch in dem städtebaulichen Modell: Räumlich relevante, festgelegte Baumassen sind in Holz ausgeführt; die zur plastischen Durchformung vorgesehenen Baumassen sind aus schwarzem, weichem Naturkautschuk gefertigt. Eines der Baufelder ist in einer möglichen plastischen Durchgestaltung als separates Modell beispielhaft beigefügt.
Handzeichnungen in Tusche auf Transparent, flächig ausgearbeitet in Ölfarbe / Städtebauliche Modelle in Birnbaumholz und Naturkautschuk